Sektion Grosses Moos

Medienmitteilung

AP 2011: Mehr Perspektiven und weniger Reformitis

09.03.2007

Die AP 2011 hätte für den Kanton Bern als grössten Agrarkanton der Schweiz verheerende Auswirkungen. Die SVP Kanton Bern ist nicht gewillt, dies so hinzunehmen. Der Rhythmus der Reformen ist vom 4-Jahres-Zyklus auf einen 8-Jahres-Zyklus zu verlangsamen. Zudem hat der Bundesrat mit besseren gesetzlichen Grundlagen dafür zu sorgen, dass das Einkommen der Bauern gesichert, aber auch ein Ausstieg ohne Ruin möglich ist. Nur so ist die Erfüllung des unumstrittenen Verfassungsauftrages auch in Zukunft gesichert.

Am 13. März 2007 wird im Nationalrat die Agrarpolitik 2011 beraten. Diese ist für den Kanton Bern sehr wichtig, der Kanton Bern ist der grösste Agrarkanton der Schweiz. Im Kanton Bern gibt es rund 13’000 Landwirtschaftbetriebe mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 193’000 ha. 10’000 sind Haupt- und 3000 Nebenerwerbsbetriebe. Rund 18’000 Personen arbeiten in der Land­wirtschaft als Vollbeschäftigte und 22’000 als Teilzeitbeschäftigte. Die Landwirtschaft ist mit 40’000 Arbeitsplätzen ein wichtiger Arbeitgeber. Der ländliche Raum wird stark geprägt von den landwirtschaftlichen Betrieben. Deshalb sind die Beschlüsse der AP 2011 auch für die Erhaltung und Förderung des ländlichen Raums wichtig. Insbesondere auch wegen den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Betrieben und Arbeitsplätzen.

Gesamtschweizerisch ist die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe zwischen 1990 und 2005 von 93’000 auf 63’000 zurückgegangen. Die Existenzsicherung über Nebenerwerb hat seit 1990 um 35% zugenommen. Generell ist die Arbeitsbelastung der in der Landwirtschaft Beschäftigten sehr hoch, was zunehmend zu sozialen Problemen führt.

Die SVP Kanton Bern fordert:

  • Eine Drosselung des Reformtempos von 4 auf 8 Jahre
  • Keine Benachteiligung der produzierenden gegenüber der auf Landschaftspflege ausgerichteten Landwirtschaft
  • Massnahmen zur Kostensenkung, insbesondere Zulassung von Parallelimporten
  • Keine Änderungen im bäuerlichen Boden- und Pachtrecht
  • Eine Erhöhung des Selbstversorgungsgrads
  • Möglichkeiten für Marktinterventionen (privatrechtlich, Allgemeinverbindlichkeit)

Keine Lockerung des Bodenrechts
Rudolf Joder, Nationalrat und Parteipräsident, Belp

Einleitung

Am 13. März 2007 wird im NR die Agrarpolitik 2011 beraten. Die AP 2011 besteht aus zwei Paketen. Das erste Paket umfasst die Teile 1 und 7, welche im Nationalrat nächste Woche zur Debatte stehen. Diese umfassen eine Teilrevision des Landwirtschaftsgesetzes, des Obligationenrechts, des Zollgesetzes sowie einen Bundesbeschluss zum Zahlungsrahmen, also zu den Direktzahlungen. Das zweite Paket beinhaltet die Teile 2-6, welche jetzt im Ständerat als Erstrat beraten werden. Dieses Paket beinhaltet Teilrevisionen des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, des Raumplanungsgesetzes, des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht, des Bundesgesetzes über die Familienzulagen in der Landwirtschaft, des Bundesgesetzes über Lebensmittel und Gebrauchgegenstände und des Tierseuchengesetzes.

Massive Auswirkungen für den Kanton Bern

Die AP 2011 wird für den Kanton massive Auswirkungen haben. Der Kanton Bern ist der grösste Agrarkanton der CH. Im Kanton Bern gibt es rund 13’000 Landwirtschaftbetriebe mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 193’000 ha. 10’000 sind Haupt- und 3000 Nebenerwerbsbetriebe. 18’000 arbeiten in der Landwirtschaft als Vollbeschäftigte und 22’000 als Teilzeitbeschäftigte. Die Landwirtschaft ist mit 40’000 Arbeitsplätzen ein wichtiger Arbeitgeber.

Der ländliche Raum wird stark geprägt von den landwirtschaftlichen Betrieben. Deshalb sind die Beschlüsse der AP 2011 auch für die Erhaltung und Förderung des ländlichen Raums wichtig. Insbesondere auch wegen den der Landwirtschaft und vor- und nachgelagerten Betrieben und Arbeitsplätzen.

Unbestrittener Verfassungsauftrag

Die Bauern kommen auf der Basis ihres Verfassungsauftrages einer Doppelrolle nach. Die Verfassung hält fest:

BV Art.104 Landwirtschaft

1Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur:

a. sicheren Versorgung der Bevölkerung;

b. Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der Kulturlandschaft;

c. dezentralen Besiedlung des Landes.

2Ergänzend zur zumutbaren Selbsthilfe der Landwirtschaft und nötigenfalls abweichend vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit fördert der Bund die bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe.

3Er richtet die Massnahmen so aus, dass die Landwirtschaft ihre multifunktionalen Aufgaben erfüllt. Er hat insbesondere folgende Befugnisse und Aufgaben:

a. Er ergänzt das bäuerliche Einkommen durch Direktzahlungen zur Erzielung eines angemessenen Entgelts für die erbrachten Leistungen, unter der Voraussetzung eines ökologischen Leistungsnachweises.

b. Er fördert mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen Produktionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind.

c. Er erlässt Vorschriften zur Deklaration von Herkunft, Qualität, Produktionsmethode und Verarbeitungsverfahren für Lebensmittel.

d. Er schützt die Umwelt vor Beeinträchtigungen durch überhöhten Einsatz von Düngstoffen, Chemikalien und anderen Hilfsstoffen.

e. Er kann die landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Ausbildung fördern sowie Investitionshilfen leisten.

f. Er kann Vorschriften zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes erlassen.

4Er setzt dafür zweckgebundene Mittel aus dem Bereich der Landwirtschaft und allgemeine Bundesmittel ein.

Es besteht somit eine Art Gesellschaftsvertrag oder anders gesagt: Die Aufgaben der Landwirtschaft sind verfassungsmässig verankert. Niemand will diesen Grundsatz anzweifeln.

Keine Lockerung des Bodenrechts

Mit der Lockerung des Bodenrechts würde die Erfüllung des Verfassungsauftrages der Landwirtschaft massiv erschwert. Sie hätte eine Teuerung und massive Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zur Folge. Die Trennung zwischen Baugebiet und Nicht-Baugebiet würde ausgehöhlt und der Boden als wichtigster Produktionsfaktor der Landwirtschaft wäre gefährdet. Die angestrebte raumplanungsrechtliche Lockerung in der Landwirtschaftszone würde verunmöglicht.

Preisbegrenzung beim Kauf oder Verkauf von landwirtschaftlichen Boden beibehalten

Die Aufhebung der Preisbegrenzung würde das landwirtschaftliche Land um 3-5% verteuern. Dies bringt der Landwirtschaft eine Mehrbelastung von 12-20 Millionen Franken. Die für den Vollzug zuständigen Kantone haben sich einhellig für die Weiterführung der bisherigen Regelung ausgesprochen. Damit soll sichergestellt werden, dass Bauernbetriebe durch Landzukäufe arrondiert und optimiert werden können. Fällt die Preisgrenze, können die Bauern nicht mehr mithalten.

Keine Veränderung der Gewerbegrenze

Die Erhöhung der Standardarbeitskraft von 0.75 auf 1.25 wird abgelehnt. Die SAK ist eine wichtige Grösse für die Definition des landwirtschaftlichen Gewerbes. Sie hat direkte Auswirkung auf den Schutz des bäuerlichen Bodenrechts, das landwirtschaftliche Pachtrecht, das Steuerrecht und das Raumplanungsrecht. Wenn die SAK auf 1.25 erhöht wird, verlieren 12%u2019300 Betriebe ihren Status als landwirtschaftliches Gewerbe. Dies würde zum Beispiel bedeuten, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe im Erbgang nicht mehr zum Ertragswert übernommen werden kann. Weitere Einschränkungen ergeben sich auch in steuerlicher Hinsicht und bezüglich baulicher Erweiterung des Wohnraumes.

Gegen eine Aufhebung der Belastungsgrenze

Ziel der Belastungsgrenze ist es, eine Überschuldung der Landwirtschaft zu verhindern. Bei Aufhebung der Belastungsgrenze würden die Kosten für das Fremdkapital ansteigen, was nach Schätzungen der Landwirtschaft eine Mehrbelastung von 40-80 Millionen Franken bringen würde. Wegen der Belastungsgrenze erhält die Landwirtschaft heute das Fremdkapital zu einem um 0.5 -1.5 % tieferen Zins.

Aufrechterhaltung der Pachtzinskontrolle

Die Pachtzinskontrolle hat erfahrungsgemäss eine preisdämpfende Wirkung. Eine Aufhebung hätte einen Anstieg der Pachtzinsen um 3-5% zur Folge, was einer Mehrbelastung zwischen

6-10 Millionen Franken entspricht. Die Pachtzinskontrolle hat somit eine klar preisdiszipli-nierende Wirkung für die Landwirtschaft.
 

Es braucht einen längeren Horizont
Heinz Siegenthaler, Grossrat und Fraktionspräsident, Rüti b. Büren

Alle vier Jahre wird die schweizerische Agrarpolitik neu ausgerichtet. In hartem politischem Ringen entsteht die Agrarplattform, kurz AP, und es entstehen neue Gesetze. Der gesamte Aufwand ist widersinnig, denn die Administration und der politische Prozess verschlingen Mittel, die an der Front viel besser eingesetzt werden könnten.

Vierjahres-Zyklus nicht sachgerecht

In der Landwirtschaft arbeitet man in einem anderen Zyklus, nämlich mit der Natur. Auch ein Unternehmen stellt nicht alle vier Jahre ihren Betrieb um – die Swissair lässt grüssen. In einem Viehzuchtbetrieb laufen Prozesse über Generationen. Extrembeispiel ist sicher der Waldbau. Dort sät bzw. pflanzt eine Generation, weitere hegen und pflegen und die vierte Generation erntet.

Die Landwirtschaft ist dem Strukturwandel ausgesetzt. Den kann man nicht rückgängig machen, aufhalten auch nicht, aber gestalten. Ein längerer Zeit- und Planungshorizont hilft den Bauern, sich den künftigen Herausforderungen anzupassen. Werden neue Tierschutzvorschriften in Kraft gesetzt, so geht es bis zum Bau eines Gebäudes mehrere Jahre und nach weniger als einem Jahrzehnt sind die Bestimmungen überholt. Welches Unternehmen kann es sich leisten, seine Investitionen in einer Handvoll Jahre abzuschreiben? Wieso sollte das gerade die Landwirtschaft als nicht wertschöpfungsstärkste Branche schaffen?

Technisch möglich – aber wünschbar?

Dank der Mechanisierung kann man heute viel leistungsfähiger produzieren. Eine bis zwei Arbeitskräfte %u201Eernähren%u201C 100 Personen %u2013 im Mittelalter brauchte es über 90 % der Bevölkerung für die Versorgung mit Lebensmitteln. Arbeitskraft war früher der begrenzende Faktor. Heute kann ein Bauer eine viel grössere Zahl Tiere betreuen. Somit ist der Strukturwandel, seinen schmerzlichen Einschnitten zum Trotz, logisch. Das Führen eines 200 ha grossen Ackerbaubetriebs ist für eine Familie heute technisch möglich.

Weil heute nur noch halb so viele junge Leute die Ausbildung zum Bauern wählen wie es Betriebe gibt, wird der Wandel weitergehen. Doch er darf nicht auf europäisches Niveau führen und er sollte nicht noch durch den bundesrätlichen Druck zusätzlich beschleunigt werden. Die Topografie und die Strukturierung unseres Landes – gerade im Tourismus ein grosses Plus –

lassen es nicht zu. Zudem haben die einheimischen Betriebe viel strengere Auflagen als das im EU-Raum der Fall ist. Gleichzeitig erschweren die steuerlichen Rahmenbedingungen heute einen Ausstieg. Was die Landwirtschaft deshalb braucht, ist bessere Rahmenbedingungen und angemessene staatliche Unterstützung.

Keine Hängematte – aber Honorierung des Engagements

Staatliche Unterstützung und gute Rahmenbedinungen heisst nicht, dass die Bauern Krücken oder gar eine Hängematte reklamieren. Aber die Einhaltung der strengeren Auflagen, zum Vorteil der Umwelt, ist zu honorieren. Die Bereitschaft, tierfreundlich und mit ökologischer Verantwortung zu produzieren, wird von den Konsumen­tinnen und Konsumenten geschätzt. Entsprechend wird diese gemeinwirtschaftliche Leistung abgegolten – der Steuerzahler kann im Gegenzug die erwartete Leistung verlangen, deren Einhaltung dann auch kontrolliert wird. Wobei bei den Kontrollen manchmal eine bessere Koordination und weniger Papierkrieg wünschenswert wären.

In Holland werden zurzeit Betriebe geschlossen, die doppelt so viele Tiere halten wie bei uns als Höchstgrenze vorgeschrieben wird. In der EU werden Schweine oder Hühner in Anlagen gehalten, die bei uns nie bewilligt würden. Das bedeutet für unsere Schweizer Landwirtschaft einen Vorsprung, den wir nicht preisgeben wollen. Wir produzieren anders als in Amerika oder in Ungarn. Einsatz leistungssteigernder Hormone oder Gentech? Die Konsumierenden in der Schweiz haben dazu eine klare Haltung.

Die Berner und Schweizer Bäuerinnen und Bauern brauchen Perspektiven

Die Schweizer und Berner Bäuerinnen und Bauern sind verunsichert. Von Freihandels­abkommen mit der EU ist die Sprache. Eine auf den ersten Blick verlockende Möglichkeit. Bei sinkenden Preisen muss man den Markt ausdehnen. Europa bietet sich an. Aber wenn wir Bauern dann auf tieferem Preisniveau vermarkten müssen, dagegen mit den gleich hohen Produktionskosten unsere Leistung erbringen sollen, dann ist das mehr als eine Milchbüchlein­rechnung. Dann geht die Rechnung nicht auf. Und in einem neuen Markt kann man ein Premium-Produkt – das rechnen uns die Marketing-Strategen ja vor – nur mit einem höheren Werbebudget für die Zukunft gewinnbringend positionieren.

Das heisst zusammenfassend:

Die Schweizer Bauern, wir Berner Landwirte sind bereit, mit unserer Produktion höheren Qualitätsansprüchen zu genügen. Wir sind aber nicht bereit, ein Bauernopfer zu bringen, nur damit sich andere Branchen im europäischen Raum gesund stossen können und hierzulande ihre geschützten Gewinne einfahren können. Unsere Landwirtschaft braucht einen längeren Planungshorizont, um im Strukturwandel bestehen zu können. Dies ist für die künftige Agrarpolitik zu berücksichtigen. Das heisst konkret, der Rhythmus ist zu verlangsamen. Die SVP wird einen entsprechenden Vorstoss einreichen, dass der Bundesrat seinen Schritt mässigt und künftig neue Schritte nur alle 8 statt alle 4 Jahren neue Vorgaben für die Landwirtschaft vorlegt.
 

Einkommen der Bauernfamilien sichern
Käthi Wälchli, Grossrätin, Obersteckholz

Vorweg ist zu bemerken, dass es enttäuschend ist, dass die Vernehm­lassungsantworten der Landwirtschaft, der Kantone und der verschiedenen Organisationen und Parteien nicht ernst genommen wurden. Der Bundesrat hält an seinem eingeschlagenen Weg beharrlich fest. Mit dieser rasanten Vorgehensweise verfehlt er eindeutig die Zielsetzung, Bauernfamilien wirtschaftlich zu stärken. So gehen unzählige wertvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren. Anstatt wie vorgesehen, die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu fördern – wie es in der bundesrätlichen Botschaft steht – wird mit einem solchen Vorgehen das Gegenteil eintreten! Gut eine halbe Million Menschen arbeiten schweizweit in der Landwirtschaft, in vor- und nachgelagerten Betrieben. Wollen wir, dass diese Arbeitsplätze verloren gehen und damit auch der Verfassungsauftrag gar nicht mehr erfüllt werden kann? Allein im Kanton Bern bietet die Landwirtschaft 40’000 Arbeitsplätze, ist also ein wichtiger Arbeitgeber.

Stossende Subventionierung des Betriebseinkommens durch Nebenerwerb

Das Gesamteinkommen der Bauernfamilien ist im Vergleich zu den übrigen Einkommen sehr tief. Immer mehr Bauernfamilien sichern ihre Existenz zunehmend über einen Nebenerwerb. Die Quersubventionierung des Betriebseinkommens – mehrheitlich durch das Erwerbseinkommen der Ehefrau – ist stossend. Die Gefahr steigt, dass immer mehr Bäuerinnen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit getrieben werden, um dieser Arbeitsbelastung in Familie, Betrieb und Neben­erwerb gerecht zu werden.

Gleichstellung der Geschlechter soll auch in der Landwirtschaft gelten

Auf Bundesebene wird viel von Gleichstellung gesprochen, aber die Landwirtschaft wird dabei offenbar gerne ausgeklammert. Es ist Zeit, dass auch im Rahmen der Einkommens- und Vermögensgrenze im Landwirtschaftsgesetz und in der Verordnung über Direktzahlungen endlich der Gleichstellung der Geschlechter nachgelebt wird. Dazu ist entweder das persönliche Einkommen und das persönliche Vermögen des Ehepartners nicht in die Berechnung mit einzubeziehen oder aber dann die Freigrenze sowohl für Ehefrau und Ehemann anzurechnen.

Transparenz bezüglich Margen/Preiskontrolle:

Es muss endlich ein Artikel ins Landwirtschaftsgesetz eingefügt werden, welcher die Kosten in den vor- und nachgelagerten Betrieben aufgreift. Die sich immer mehr öffnende Schere zwischen sinkenden Produzenten- und steigenden Ladenpreisen zeigt, dass dies dringend nötig ist.

Die Produzentenpreise in der Landwirtschaft sind seit 1990 um 25% gesunken, dagegen sind die Konsumentenpreise der Nahrungsmittel um 15% gestiegen.

Hier ein Beispiel gemäss einer Statistik des Bundesamtes für Landwirtschaft:

Die gesamten jährlichen Ausgaben für Lebensmittel in der Schweiz belaufen sich auf 43 Milliarden Franken. Davon entfallen auf:

Anteil Verarbeitung und Detailhandel: 31 Milliarden

Anteil Import: 6,2 Milliarden

Anteil Landwirtschaft 5,8 Milliarden

Keine Erhöhung der Gewerbegrenze

Die Gewerbegrenze ist auf 0,75 Standardarbeitskraft (SAK) zu belassen. Zudem müssen bei der Berechnung die paralandwirtschaftlichen Tätigkeiten miteinbezogen werden. Die Erhöhung der Gewerbegrenze auf 1,25 SAK hätte weitreichende Folgen, weil die Bestimmungen im bäuerlichen Bodenrecht, im landwirtschaftlichen Pachtrecht, im Steuerrecht und im Raumplanungsrecht auf das Kriterium des landwirtschaftlichen Gewerbes abstellen. Bei einer allfälligen Erhöhung der Gewerbegrenze auf 1.25 hätte dies für ca. 12%u2019300 Betriebe landesweit folgende Auswirkungen:

– Die Betriebe könnten nicht mehr zum Ertragswert übergeben werden.

– Die Betriebe könnten im Erbgang keine Grundstücke mehr zum doppelten Ertragswert übernehmen.

– Die Betriebe erhielten keine Bewilligung mehr, um notwendige Wohnbauten oder Anpassungen des Wohnraumes vorzunehmen.

– Die Betriebe könnten für die Betriebsleiterwohnungen nicht mehr den tiefen Eigenmietwert gemäss Pachtrecht geltend machen. Dadurch steigt das steuerrelevante Einkommen rasch und damit die Einkommenssteuern. Dies würde zu einer zusätzlichen Steuerlast in der Höhe von 12 Mio. Franken führen.

Bei einer Anhebung der Gewerbegrenze auf 1,25 SAK würden ca. 50% der Betriebe in unserem Kanton nicht mehr als Gewerbe taxiert!

Ich hoffe, dass sich das Parlament auf die verfassungsmässigen Kernaufgaben der Landwirtschaft besinnt und die verheerenden Folgen der vom Bundesrat vorgesehenen Rosskur für die Landwirtschaft erkennt. Es braucht die entsprechenden Kursänderungen in der Debatte und auf die Kernforderungen der Landwirtschaft muss eingegangen werden.

Zur Sicherung des bäuerlichen Einkommens braucht es

– Massnahmen zur Senkung der Produktionskosten wie die Zulassung der Parallelimporte

– eine Weiterführung bewährter Instrumente im Boden- und Pachtrecht

– eine Weiterführung der Marktstützungsmassnahmen

einen Zahlungsrahmen seitens des Bundes in der Höhe von 13,955 Mia Franken für die Landwirtschaft. Mit dem bundesrätlichen Vorschlag, den Zahlungsrahmen auf 13,499 Mia Franken zu senken, würde die Einkommenssituation der Bauernfamilien massiv geschwächt, und weiter abgehängt. Zudem würden von den heute 193’000 Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft landesweit zwischen 35’000 und 40’000 Arbeitsplätze verloren gehen, und das innert kürzester Zeit.

Die AP 2011 ist keine Perspektive für einen Betrieb
Hansjakob Häberli, Landwirt und Vizepräsident des SGPV, Allmendingen

Einkommenserosion mit AP 2011

Die Auswirkungen der AP 2011 werden ohne Umstrukturierung zu einer Einkommenserosion von 20%u201324% führen, was nicht gerade ermutigend ist.

Die Ursachen liegen im Wesentlichen bei folgenden Punkten:

Zum einen bei der Hebelwirkung der Marktstützungen (Raps, Kartoffeln, Milch), welche abgebaut und teilweise zu Direktzahlungen umgelagert werden, (1 Franken MS = 2 Franken Einkommen). Der Markstützungs-Abbau ist auch strategisch falsch, denn es besteht heute kein Zwang durch die WTO. Was die Schweiz hier betreibt, ist vorauseilender Gehorsam.

Im Weiteren beim Grenzschutzabbau beim Getreide, dies bei einer sich weiter drehenden Kostenspirale, Zertifizierungs-Auflagen, Produktionstandards SuisseGAP usw.

Dann ist auch die generelle Entwicklung zu sehen, also die Extensivierung und Entprofessiona­lisierung. Die Betriebsentwicklung, welche ein Wachstum nur durch %u201Ebetriebsfremde%u201C Finanzierung möglich macht, aber auch die weitere Entkoppelung der Bauernfamilien von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Der Nebenerwerb wird immer wichtiger, führt aber zu einer Doppelbelastung.

Wir stellen auch eine markante Steigerung der Lebensmittelimporte fest. Die Ernährungssouveränität ist schon lange nicht mehr gewährleistet und wird weiter sinken, wenn hier nicht Gegensteuer gegeben wird. Gibt es keine Produktion in der Schweiz, gibt es auch keine Verarbeitung und damit auch in den nachgelagerten Betrieben keine Arbeit mehr. Dies alles hat Folgen für die Kulturlandschaft, es kommt unweigerlich zu einem Leistungsabbau.

Druck wird erhöht statt gelockert

Die AP 2011 erhöht den Druck auf die Landwirtschaft massiv. Gemäss Schätzungen des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) würde der Wert der landwirtschaftlichen Produktion nach Umsetzung der bundesrätlichen Massnahmen zur AP 2011 von heute rund 10 Mrd. Franken auf 8.92 Mrd. Franken sinken. Die Landwirtschaftsbetriebe hätten durchschnittliche Einkommenseinbussen in der Höhe von über 20% zu verkraften.

Im Kanton Bern gibt es noch 13’374 landwirtschaftliche Betriebe. Davon sind 9%u2019896 Haupterwerbsbetriebe. Auf diesen Betrieben arbeiten rund 43’000 Personen. Auf jeden Arbeitsplatz dieser Arbeitsplätze in der Landwirtschaft kommen zwei in den vor- und nachgelagerten Bereichen. Durch die AP 2011 würde die Berner Landwirtschaft im Vergleich zum Jahr 2002/2003 rund 280 Mio. Franken am Markt verlieren oder über 15 % ihres Bruttoeinkommens (Quelle: SBV). Diese Aufzählung von Auswirkungen könnte beliebig verlängert werden, würde wohl aber als Gejammer mit der Absicht Pfründe zu bewahren verstanden.

Was brauchen unsere Betriebe?

Aus der Sicht meines produzierenden Betriebes ist es klar, was es braucht:

– Keine weitere Benachteiligung einer produzierenden gegenüber der auf Landschaftspflege ausgerichteten Landwirtschaft

– Zulassung von Parallelimporten (Beispiel Futtervorschieber)

– Differenzierung zwischen Berg-Tal- Landwirtschaft (Zielsetzung, DZ…)

– Möglichkeiten für Marktinterventionen (privatrechtlich, Allgemeinverbindlichkeit)

Aber es ist auch dafür zu sorgen, dass eine Betriebsaufgabe möglich ist, ohne in einen Schuldenberg oder den Ruin zu geraten. Das heisst, auch die Abschaffung der Liquidationsgewinnsteuer ist eine vordringliche Forderung, nachdem der Strukturwandel nicht aufzuhalten ist.

Die Basis der Wertschöpfung in einer Volkswirtschaft ist die Landwirtschaft, auch wenn die Wertschöpfung in diesem Bereich tief ist.